"Aufgabe der Kunst ist, die Menschen zu spalten"

Diesen Satz sprach Regisseur João Viana in unserem Interview auf der letztjährigen Berlinale. Der erste Tag mit den Shorts 2014 hatte passend dazu einen Film zu bieten, vor dem manche Pressekollegen aus dem Kinosaal geflüchtet sind.


"radikal", "ungebunden", "manchmal kontrovers", "verstörend", "an der Grenze der Verständlichkeit" 
Beschreibungsversuche, denen bisher nur Laborat von Guillaume Cailleau gerecht wird. Dieser Experimentalfilm mit seinen lebendig sezierten Mäusen. Buh-Rufe haben den Applaus begleitet. Dieses komplexe Filmerlebnis mit Reflektionsfläche. Ich will Tierschützer sein, aber der Film entzieht sich meiner Dimension. Wie könnte ich die bunten Schatten richten? Mal bin ich die Maus, mal der Filmemacher, der Forscher und bald fährt die Klinge langsam an meinen Augen vorbei. Dehnt Cailleau unbemerkt Raum und Zeit? Erspart er uns so die Gewissheit darüber, wie viele Mäuse wir soeben durch die Bolex in den Tod begleitet haben? Darüber können wir debattieren!



Ein andermal: Vögel. Manchmal auch die Perspektive von Vögeln auf uns Menschen. Vögel im Angesicht der Umweltverschmutzung durch den Menschen. Glauben wir. Ein Film läuft vor sich hin und wir wissen bald nicht mehr, wohin er überhaupt läuft. Viel unruhiges Bild, etwas hypnotischer Ton. Vogel frisst Vogel. Vogel nimmt Stück Gummi in den Mund. Birds fliegt an uns vorbei. Kein Kommentar, denn wir waren schon längst ganz woanders.

Unwiderstehlich mahnt João Viana als innere Stimme:
"Aufgabe der Kunst ist, die Menschen zu spalten. Du magst den Film oder du magst ihn nicht. Wenn ein Film von allen gemocht wird, hm... dann folgt er einem Konsens; ist nicht wirklich künstlerisch. Kunst dient dabei, herauszufinden auf welcher Seite du stehst. Du magst den Film oder du magst ihn nicht. Deswegen sind Filme auch so wichtig, denn sie sagen dir, wer du bist!" 


Aber hätte das, was wir gerade gucken, unbedingt ein Film sein müssen? In anderen Fällen dokumentarischer Art: Ergreifen uns nur die Schicksale oder auch die Kraft der bewegten Bilder? Auf diese Weise haben Block I und IV mit Sicherheit gespalten und doch noch nicht genügend polarisiert. Der Film am Film soll uns nicht egal werden. Spielt wieder mehr damit herum! Packt uns, denn wir sind gerne Laborratten.

Nun auf zu den nächsten Blöcken, denn jedes Shorts-Screening ist eine kleine Wundertüte für sich selbst.